Hallo Herr Wolf, liebe Fachkollegen,
hier ist viel gesagt bzw. geschrieben worden und jeder hat aus seinem Blickwinkel recht. Am Ende sind Sie auf das Ermessen der Genehmigungsbehörde angewiesen, wobei, wenn wir den Begriff ?Sonderbauten? richtig verstehen auf die nachfolgende Auslegung Rechtsanspruch hätten. Ob das aus der Sicht des Brandschutzes richtig ist, sei mal dahingestellt. Wenn auch die 2. Betrachtung grotesk erscheint, hier soll einfach mal die Betrachtung erfolgen, was baurechtlich zulässig wäre.
Zäumen wir doch das Pferd mal von hinten auf:
HBO § 27 (Brandwände) Abs. 2 Ziffer 2 bestimmt, ?Brandwände sind herzustellen ..... 2 als innere Brandwand zur Unterteilung ausgedehnter Gebäude in Abständen von nicht mehr als 40 m,...?
HBO § 13 Abs. 3 bestimmt ?Für Nutzungseinheiten mit mindestens einem Aufenthaltsraum, wie Wohnungen, Praxen, selbstständige Betriebsstätten, müssen in jedem Geschoss mindestens zwei voneinander unabhängige Rettungswege vorhanden sein; beide Rettungswege dürfen jedoch innerhalb eines Geschosses über denselben notwendigen Flur führen. Der erste Rettungsweg muss für Nutzungseinheiten, die nicht zu ebener Erde liegen, über mindestens eine notwendige Treppe führen. Der zweite Rettungsweg kann eine weitere notwendige Treppe, eine Außentreppe oder eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle der Nutzungseinheit sein.?
HBO § 31 Abs. 2 bestimmt ?Von jeder Stelle eines Aufenthaltsraumes sowie eines Kellergeschosses muss mindestens ein notwendiger Treppenraum oder ein Ausgang ins Freie in höchstens 35 m Entfernung erreichbar sein. Sind mehrere notwendige Treppenräume erforderlich, müssen sie so verteilt sein, dass die Rettungswege möglichst kurz sind.?
HBO § 32 Abs. 1 bestimmt: ?Notwendige Flure sind Flure, über die Rettungswege aus Aufenthaltsräumen oder aus Nutzungseinheiten mit Aufenthaltsräumen zu notwendigen Treppenräumen oder zu Ausgängen ins Freie führen. Als notwendige Flure gelten nicht ......
3. Flure innerhalb von Nutzungseinheiten, die einer Büro- oder Verwaltungsnutzung dienen, mit nicht mehr als 400 m2 Brutto-Grundfläche; das gilt auch für Büro- und Verwaltungseinheiten, wenn sie Trennwände nach § 26 und Rettungswege nach § 13 Abs. 3 haben.
Fazit:
Sonderbauten sind Bauliche Anlagen und Räume besonderer Art oder Nutzung wenn sie Gebäude mit mehr als 1.600 m2 Brutto-Grundfläche des Geschosses mit der größten Ausdehnung oder als Büro- und Verwaltungsgebäude mit mehr als 3.000 m2 Brutto-Grundfläche haben. Also gilt für die nachfolgende Betrachtung für eine Nutzungseinheit bis 1.600 m? allgemein die HBO
1. Betrachtung
Das Arbeitsstättenrecht bestimmt wie groß eine Büroraum/Arbeitsstätte mindestens sein muss. Es ist aber weder im Arbeitsstättenrecht, noch Baurecht festgelegt, wie groß ein Aufenthaltsraum oder eine Nutzungseinheit maximal sein darf. Die Begrenzung ist nach Baurecht lediglich durch den § 27 (Brandwände) Abs. 2 Ziffer 2 auf 40 m x 40 m beschränkt. Unterteile ich diesen Raum nicht, ist mein Aufenthaltsraum gleich der Nutzungseinheit und da nicht größer als 1.600 m? auch kein Sonderbau.
Anmerkung
Die Übersichtlichkeit, also keine Raumbildung sehe ich erfüllt, wenn die Ausstattung max. 1,60 hoch ist und von jedem Punkt über Gänge von 1 m Breite ein Treppenraum als 1. baulicher Rettungsweg nach 35 m erreicht wird.
In so einer Nutzungseinheit sind dann keine notwendigen Flure vorhanden. Wer Sie fordert kann mir dann sicher auch sagen, wie groß die Räume, die sich dann ergeben würden, sein müssen oder können! Beide Rettungswege dürfen dann jedoch innerhalb eines Geschosses über denselben notwendigen Flur führen, aber eben nur, wenn der vorhanden ist. Dann sagt die Bauordnung z.B. als notwendige Flure gelten nicht: ?Flure innerhalb von Nutzungseinheiten, die einer Büro- oder Verwaltungsnutzung dienen, mit nicht mehr als 400 m2 Brutto-Grundfläche;?
2. Betrachtung
Nun wird in dieser Nutzungseinheit ein Büroraum (meinetwegen ca. 20 m?), bei dem die Transparenz nicht geben ist, angeordnet. Dann wird dieser Büroraum die eigene Nutzungseinheit. Dabei ist es unerheblich, ob Trennwände nach § 26 HBO vorhanden sind.
Da ich dann nur über die andere Nutzungseinheit zum Treppenraum gelangen kann, habe ich einen gefangenen Raum. Also greift dann der § 13 Abs. 3 HBO der von der Nutzungseinheit zum Treppenraum einen Flur fordert, jedoch gestattet, dass beide Rettungsweg über denselben notwendigen Flur führen können. Also muss ich dann von diesem Büro einen notwendigen Flur errichten, der beide Treppenräume verbindet.
3. Betrachtung
Die Anforderungen an Trennwände werden in Abhängigkeit von der Gebäudeklasse von F 30 B bis F 90 A bestimmt. So kann in der Gebäudeklasse 3 die Fläche von 1,600 m? mit F 30 B Wänden in 4 Nutzungseinheit unterteilt werden, innerhalb derer dann keine notwendigen Flure erforderlich sind. Öffnungen in diesen Trennwände müssen dann jedoch auch mit T 30 Türen versehen werden (Beachte allerdings die Zulassungsbedingungen für den Einbau von T 30 Türen in F 30 Wänden) Von den Nutzungseinheiten muss notwendige Flure als Rettungswege zu notwendigen Treppen führen.
Anmerkung
Sind in einer Nutzungseinheit in der Gebäudeklasse 3 z.B. 600 m?, notwendige Flure erforderlich, so besteht der Unterschied in den F 30 B Flurwänden und den F 30 B Trennwänden einzig und allein darin, dass die Türen in Flurwänden ?dichtschließend? und in Trennwänden T 30 sein müssen.
Erläuterungen:
Die Feuerwiderstandsfähigkeit bezieht sich bei tragenden Bauteilen auf deren Standsicherheit im Brandfall, bei trennenden Bauteilen auf deren Widerstand gegen die Ausbreitung von Feuer und Rauch.
F 30 / W 30 / F 60 / T 30
Feuerwiderstandsklasse des jeweiligen Bauteils nach seiner Feuerwiderstandsdauer in Minuten (feuerhemmend)
F 90 / T 90
Feuerwiderstandsklasse des jeweiligen Bauteils nach seiner Feuerwiderstandsdauer in Minuten (feuerbeständig)
A
nichtbrennbare Baustoffe (A 1) und nichtbrennbare Baustoffe mit brennbaren Bestandteilen (A 2)
AB
in wesentlichen Teilen aus nichtbrennbaren Baustoffen
BA
Bauteile, deren tragende und aussteifende Teile aus brennbaren Baustoffen bestehen und die allseitig eine brandschutztechnisch wirksame Bekleidung aus nichtbrennbaren Baustoffen (Brandschutzbekleidung) und Dämmstoffe aus nichtbrennbaren Baustoffen haben. Feuerschutzabschluss
B
brennbare Baustoffe
B 1
schwerentflammbare Baustoffe
B 2
normalentflammbare Baustoffe
M
widerstandsfähig gegen zusätzliche mechanische Beanspruchung
RS
Rauchschutztür
T
Feuerschutzabschluss
Das soll mal die Betrachtung aus Berlin zur Anwendung der HBO zur Anfrage sein. Die lässt sich aber nicht auf andere Bundesländer übertragen, weil es da anders brennt.
Z.B. ist in Brandenburg für Flurwände nach § 25 Abs. 2 der BbgBO auch feuerhemmend zulässig. Wer nun aber nicht weiter liest und das z.B. wie in Hessen macht, kann als Fachplaner Probleme bekommen. Nach § 29 Abs. 7 BbgBO müssen nämlich raumabschließende Bauteile aus brennbaren Stoffen eine ausreichend dicke Bekleidung aus nichtbrennbaren Baustoffen haben. Was immer das heißen mag?. Sicher ist wie bisher hier aus nichtbrennbaren Baustoffen.
Viele Grüße von Rainer Thieme